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pax christi

menschen machen frieden - mach mit.

Unser Name ist Programm: der Friede Christi. 

pax christi ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des II. Vatikanischen Konzils. 

Der pax christi Deutsche Sektion e.V. ist Mitglied des weltweiten Friedensnetzes Pax Christi International.

Entstanden ist die pax christi-Bewegung am Ende des II. Weltkrieges, als französische Christinnen und Christen ihren deutschen Schwestern und Brüdern zur Versöhnung die Hand reichten. 

» Alle Informationen zur Deutschen Sektion von pax christi

Osternacht 2018

Elemente der Liturgie

Osternacht 2018

 

Einleitung

 

Die Erde“ ist „wüst und wirr“. „Finsternis“ liegt über ihren Abgründen. Was die Bibel über den Zustand vor der Schöpfung sagt, ist zugleich eine Aussage über unsere Gegenwart. „Wüst und wirr“ ist die Lage in vielen Ländern der Erde. Ganze Länder und Regionen sind kaum mehr bewohnbar, Märkte und Staaten zusammengebrochen, die Lebensgrundlagen zerstört.

 

Die westliche Welt verschließt davor die Augen. Regionen in der Zweidrittelwelt sind nur dann interessant, wenn sie als Quelle für Rohstoffe, als Standorte für billige Arbeitskräfte oder als Endlagerungsstätten von Giftmüll in Frage kommen. Die westliche Welt hat sich daran gewöhnt, dass Hunger und Verelendung, Billigproduktion und Giftmüll ausgelagert werden. Die ausgelagerten Probleme aber schlagen zurück. Sichtbar wird dies in den sog. Flüchtlings- und Umweltkrisen. Zudem: Armut und prekäre Beschäftigungsverhältnisse breiten sich inzwischen auch in westlichen Gesellschaften aus.

 

Der „wüsten und wirre“ Zustand der Welt und die Finsternis ihrer Perspektivlosigkeit ist Ausdruck der Krise des Kapitalismus, der auf nicht mehr zu überwindende Grenzen stößt. Statt sich der Wirklichkeit zu stellen, suchen viele die gesellschaftliche Krise zu verleugnen. Die einen fliehen in 'positives Denken' oder suchen Entlastung in esoterischer Innerlichkeit und Glücksgefühlen. Andere erliegen der Versuchung, einzelne Gruppen – vor allem Ausländern und Flüchtlinge – für die Krise verantwortlich zu machen. Dies wird zum Nährboden für Aggressivität und Gewalt. 

 

Gleichgültigkeit und Mitleidlosigkeit breiten sich aus. Der Psychologe Götz Eisenberg spricht von einer „Versteinerung der Herzen“. Wer in der Krise überleben will, muss hart gegen sich selbst sein. Das berechtigt dazu, auch gegen andere hart sein zu dürfen. Arbeitswut als Härte gegen sich selbst und Überfremdungsängste, die nach Härte gegen Fremde rufen, greifen ineinander und lassen Herzen versteinern.

 

„Verhärtet eure Herzen nicht, hört auf die Stimme des Herrn“, heißt es nach den Worten eines Psalms. Die „Stimme des Herrn“ hat immer wieder hinein gesprochen in die Krisensituationen des Volkes Israel, in „wüste und wirre“ Situationen, die Gottes Volk hartherzig gemacht haben. Sie hat hinein gesprochen in die Finsternis einer Hoffnungslosigkeit, in der kein rettendes Licht mehr zu sehen war. Gottes Wort will verhärtete Herzen weich, versteinerte Herzen lebendig machen. In dieser Nacht hören wir wieder neu auf die „Stimme des Herrn“. Heute hören wir sie angesichts der Krisen, die Menschen an Leib und Seele erleiden, angesichts der Überlebenskrisen, denen der Globus ausgesetzt ist. 

 

Stille

 

Gebet

 

Gott, in dieser Nacht erinnern wir uns der Wege, die du mit deinem Volk durch die Wüsten seiner Geschichte gegangen bist. Lass uns neu hinhören auf dein schöpferisches und befreiendes Wort. Lass es in uns so wirksam werden, dass es die Verhärtungen in unseren Herzen aufbrechen kann. Durchbreche die Mechanismen, mit denen wir die gesellschaftlichen Krisen und die Leiden der Menschen verleugnen und verdrängen.

 

Mach Menschen aus uns, die empfindsam sind für das Leid der anderen, aber auch für das, was wir selbst erleiden. Schärfe unseren Verstand, dass wir begreifen, was so viele in Tod, in Depression und Verzweiflung treibt. Richte uns auf! Mach uns stark, dass wir nicht fliehen, sondern wachend und betend der Wirklichkeit stand halten. Dann werden wir aufstehen können für das Leben und gegen den Tod, für dein Reich und seine Gerechtigkeit.

 

 

Erste Lesung: Gen 1,1-2,2

 

Hinführung:

 

Gott hat aus einer „wüsten und wirren“ Urflut eine Welt des Lebens geschaffen. Aus der Finsternis, die „über der Urflut“ lag, geht das Licht des Lebens auf. Alles Leben ist auf ein großes Ziel ausgerichtet: auf den Sabbat, auf die Befreiung von Mühsal und Gewalt, darauf, dass Menschen das Leben in seiner ganzen Fülle genießen können.

 

Die Bibel beginnt mit einem Loblied auf Gott, den Schöpfer. Es ist in einer Situation entstanden, in der Israel im babylonischen Exil am eigenen Leib zu spüren bekam, was es heißt, der Finsternis der Verwüstung ausgesetzt zu sein. Inmitten der Katastrophe erinnert sich Israel an seinen Gott, den es in seiner Geschichte als Schöpfer und Befreier erfahren durfte.

 

Text: Gen 1,1-2,2

 

 

Zweite Lesung: Ex 14,14-15,1

 

Hinführung:

 

Gottes schöpferische Macht zeigt sich in der Befreiung Israels aus der Sklaverei Ägyptens. Gott richtet in Ägypten keine Oase ein, in der die Versklavten auftanken können, damit die Sklaverei wieder erträglich wird. Weil er die Schreie der Versklavten hört und ihr Leid kennt, besteht er auf Befreiung. Deshalb muss mit der Macht Ägyptens gebrochen werden.

 

Der Weg der Befreiung führt „mitten durch das Meer“, mitten durch die Fluten und Wüsten, denen Israel in seiner Geschichte ausgesetzt ist: „Er drohte dem Roten Meer, da wurde es trocken; er führte sie durch die Fluten wie durch die Wüste“ erinnert sich Israel in seinen Gebeten. Diese Erinnerung stärkt dass Vertrauen darauf, dass Gott auch in Zukunft zu dem steht, was er mit der Schöpfung der Welt und der Befreiung aus der Sklaverei begonnen hat. 

 

Text: Ex 14,14-15,1

 

 

Dritte Lesung: Jer 4,5-7.10.16-18.23

 

Hinführung:

 

Mit der Zerstörung Jerusalems durch die Babylonier und die Verschleppung großer Teile des Volkes scheint die Schöpfung widerrufen. Alles Leben fällt zurück ins Chaos: Die Erde wird wieder „wüst und wirr“. Kein Licht geht über diesem Chaos mehr auf.

 

Jeremia wirft Gott vor, er habe sein Volk und Jerusalem getäuscht. Er habe ein Leben in Gerechtigkeit und Frieden versprochen. Nun aber muss Gottes Volk erleben, dass ihm das Schwert Babylons „an die Kehle“ geht. Auch das Volk wird von Jeremia mitverantwortlich gemacht für die Katastrophe. Seine Taten, d.h. seine Hinwendung zum Königtum, zu den Götzen der Herrschaft – zu Verhältnissen wie in Ägypten – haben ihm die Katastrophe eingebracht. Deshalb kann Babylon zum Sturm auf Jerusalem blasen.

 

Text: Jer 4,5-7.10.16-18.23

 

 

Vierte Lesung: Dtn 6,1-6.10.11

 

Hinführung:

 

Wo Tod und Verwüstung herrschen, da werden die Verhältnisse und die Herzen hart. Daher mahnt der Psalmist: „Verhärtet eure Herzen nicht … wie in der Wüste!“ (Ps 95,6) Gegen die Verhärtung der Herzen in harten Verhältnissen steht Israels wichtigstes Gebot, das Gebot, auf die Stimme Gottes zu hören. „Höre, Israel! Der Herr, unser Gott, der Herr ist einzig.“ (Dtn 6,4)

 

Dieses Gebot überliefert die Bibel im Zusammenhang der Erzählung von Israels Weg durch die Wüste. Israel soll sich auch dann nicht verhärten lassen, wenn es auf harte Verhältnisse trifft. Gerade dann darf es nicht der Versuchung erliegen, selbst hart und brutal zu werden. Deshalb soll es wieder neu auf seinen Gott hören, der es aus der Härte Ägyptens heraus geführt hat; es soll sich wieder neu die Wege und Inhalte zu eigen machen, die mit dem Namen Gottes verbunden sind.

 

Text: Dtn 6,1-11

 

 

Fünfte Lesung: Ez 36,16-28

 

Hinführung:

 

Die Zerstörung Jerusalems und der Verschleppung nach Babylon war nicht das Ende von Israels Geschichte. In Babylon hatten die Verschleppten die Irrwege in Israels Geschichte bedacht, sich von den Götzen der Herrschaft gelöst und so bereit gemacht, wieder neu auf Gott und seine Wege der Befreiung zu hören.

 

Nun kann Gott sein zerstreutes Volk wieder neu sammeln, um mit ihm einen neuen Anfang zu machen. Wenn Gott und sein Volk wieder zusammen kommen, werden harte Herzen aufgeweicht. Sie sind nicht mehr von der Härte der Verhältnisse bestimmt, mit der sich die Kälte des Todes ausbreitet. Aus einem „Herz von Stein“ wird „ein Herz von Fleisch“, das erfüllt ist von Gottes Geist, geprägt von den Inhalten, für die der Name Gottes steht.

  

Text: Ez 36,16-28

 

Vor dem Einzug der Osterkerze

 

Das Evangelium nach Markus buchstabiert das Leben und Sterben Jesu hinein in die Katastrophe die er und seine Zeitgenossen erleben müssen: die Zerstörung Jerusalems und die Zerstreuung der Juden nach dem Krieg der Römer. Dieser Krieg hat Finsternis hinterlassen, eine wüste und wirre Situation, die Erfahrung, von Gott verlassen zu sein. Sie kommt zum Ausdruck im Schrei des gekreuzigten Messias: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mk 15,34).

 

Weil Jesus seine Verlassenheit nicht hinaus in die Leere, sondern Gott ins Angesicht schreit, hält er auch noch angesichts des Scheiterns an seinem Gott und der Hoffnung fest, dass er an ihm und allen Opfern von Unrecht und Gewalt wahr mache, was er mit seinem Namen versprochen hat: Aufstehen gegen den Tod und dagegen, dass der Tod das 'letzte Wort' haben soll.

 

 

Evangelium: Mk 16,1-8.

 

Zur Auslegung:

 

„Da verließen sie das Grab und flohen; denn Schrecken und Entsetzen hatte sie gepackt. Und sie sagten niemandem etwas davon; denn sie fürchteten sich.“ (V. 8) Dieser Schluss unseres Evangeliums will nicht so recht zum Osterjubel passen. Auch den Verantwortlichen für das Lektionar für die Osternacht erschien er wohl als zu negativ. Und so haben sie ihn gestrichen. Damit aber wird der geschichtliche Zusammenhang ausgeblendet, in den hinein die Osterbotschaft des Markus geschrieben ist und ohne den sie nicht zu verstehen ist.

 

Im Schrecken und Entsetzen der Frauen spiegelt sich der Schrecken und das Entsetzen über den Zustand der Welt, über die Zerstörungen und Verwüstungen, die der Krieg der Römer gegen die Juden in den 70er Jahren, in denen Markus sein Evangelium schreibt, hinterlassen hatte. Gottes Schöpfung schien in einen „wirren und wüsten“ Zustand zurückgefallen, das Licht der Hoffnung auf Befreiung ausgelöscht. Die Botschaft vom Reich Gottes und die Hoffnung auf die Auferstehung der Toten schienen widerlegt. Statt dessen prägte das Massensterben um den See Genesaret, die Zerstörung Jerusalems und die Vertreibung der Juden das Bild der Welt. Da lässt sich sich nichts schön reden. Die Botschaft von der Auferweckung des Messias lässt sich nicht einfach auf die platte Formel bringen: Alles wird gut. Wo Israel im Elend liegt, können diejenigen, die dem Messias Jesus nachfolgen, nicht in frommer Gewissheit und ungerührt von den Katastrophen ihres Weges gehen – so als sei nichts geschehen. Gegen die Verleugnung der Wirklichkeit und die Flucht in religiöse Illusionen will Markus die Osterbotschaft so zum Ausdruck bringen, dass sie seiner krisengeschüttelten Welt voller Hungersnöte und Krieg stand halten kann.

 

Markus formuliert sie mit einem negativen Akzent: Der Auferstandene „ist nicht hier“. Mit dieser Feststellung wird der Wunsch der Frauen durchkreuzt, den Gekreuzigten zu salben. Der Ort, „wohin man ihn gelegt“ (V 6) hatte, ist leer. Markus erzählt in seinem Evangelium immer wieder davon, dass Jesus leere Orte aufsucht. Er kennzeichnet sie als wüste Orte, als Orte der Verwüstung und der Zerstörung, als Orte, an denen es kein Brot gibt und wo kein Leben mehr möglich ist.

 

Nach seiner Auferstehung aber ist er an dem Ort, an dem sein verwüsteter Leib verwest, nicht mehr zu finden. Obwohl es Markus angesichts der gechichtlichen Verwüstungen die Sprache verschlagen hat und ein ungebrochener Osterjubel ihm im Hals stecken zu bleiben scheint, hält er doch daran fest: Er ist nicht hier, er ist von den Verwüstungen nicht verschlungen worden. Obwohl die Römer Jerusalem in Flammen haben aufgehen lassen, ist es ihnen nicht gelungen, tabula rasa, reinen Tisch zu machen. Die Macht Roms reichte nicht aus, die Hoffnung auf Jerusalem, die Stadt Gottes, die für einen neuen Himmel und eine neue Erde steht, zu erledigen. Den Siegern wird das 'letzte Wort' über ihre Opfer verwehrt.

 

Gott hat den von Rom gekreuzigten Messias der Macht Roms entzogen. Er musste sich nicht für immer in das von einem vornehmen Ratsherrn gekaufte Leinentuch einwickeln lassen. Der Einbalsamierung mit für teures Geld gekauftem Salböl ist er entkommen. Er brauchte sich nicht zum toten Gegenstand frommer Verehrung machen zu lassen. Auch im Tod konnte er dem treu bleiben, was ihm in seinem Leben wichtig war. Von Geld und Herrschaftsambitionen hatte er sich ferngehalten. Seinen Jüngern war er entgegen getreten, als sie mit Denaren Brot kaufen wollten, statt zu begreifen, dass Israel auf der Grundlage der Tora Verhältnisse braucht, die allen - ohne Geld - Zugang zu dem ermöglichen, was sie zum Leben brauchen. Den Tempel, der auch noch aus einer Witwe den letzten Pfennig als Spende herauszieht, hatte er als Räuberhöhle. Statt Mahnreden zur ehrlichen Steuerzahlung zu halten, hatte er dazu aufgefordert, dem Kaiser sein Geld zurück zu geben. Statt der Nähe zu Geld und Herrschaft, suchte er die Nähe derer, die zu ihren Opfern wurden. So wird er selbst zu einem Opfer römischer Herrschaft.

 

Von diesem Gekreuzigten, der sich auch nicht als Toter kaufen und durch Gekauftes verehren lässt, der sein Grab als leeren Ort hinterlassen hat, heißt es nun: „Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat“ (V. 7). Galiläa ist der Ort, an dem Jesus zuerst das Evangelium vom Reich Gottes verkündet hat. In dieser Region liegt der See von Genesaret, den Markus das Meer von Galiläa nennt. Dieser Sprachgebrauch erinnert an das Blutbad, das die Römer auf dem See angerichtet hatten. In den Untiefen dieses Meeres liegen viele Opfer des Krieges begraben. Um diesen See herum verkündet Jesus das Evangelium zuerst. Es ist geprägt durch den Satz, den Jesus immer wieder zu Menschen spricht: Steh auf. Sie, die durch den Krieg am Boden lagen, sollen aufgerichtet werden. Das am Boden liegende Israel soll wieder aufgerichtet werden. In dieser Situation heißt das Evangelium verkünden: an die Orte der Katastrophe gehen.

 

Genau zu diesen Orten geht der Auferstandene seinen Jüngerinnen und Jüngern voraus. An diesen Orten lässt er sich von ihnen sehen. Er tritt ihnen nun als Lebendiger entgegen, der nicht im Tod gehalten werden konnte. Leben soll da einbrechen, wo der Tod regiert, Auferstehung da zur Geltung kommen, wo alles aus und vorbei zu sein scheint. Jenseits dieser Orte der Zerstörung und des Todes, mit dem Rücken zu den Opfern der Katastrophe ist die Osterfreude nicht zu haben, ist nicht zu verstehen, was das heißen soll: „von den Toten auferstehen“ (Mk 9,10). Wenn es eine Auferstehung geben soll, dann muss an den Orten der Verwüstung etwas von dem Wirklichkeit werden, was Auferstehung bedeutet: Israel kommt wieder auf die Beine. Trauernde werden getröstete. Hungernde bekommen Brot, Fliehende werden aufgenommen. Die verstreute Herde wird neu gesammelt. Und vor allem: In all dem ist die Botschaft lebendig: Die Macht Roms hat nicht das 'letzte Wort' – nicht über die Lebenden und nicht einmal über die Toten.

 

Auf den Wegen durch das gequälte Galiläa werden die Jüngerinnen und Jünger den gekreuzigten Messias neu sehen und verstehen. Ihn neu sehen und verstehen kann nur, wer nicht in vermeintlich heile Welten flieht, sondern den Katastrophen stand hält. Er kann begreifen, dass sich die Hoffnung auf Auferstehung inmitten der Katastrophen nur mit einem Messias verbinden lässt, der nicht hartherzig als Sieger über die Leiden der Menschen hinweg geht. Aufrichten kann nur ein Messias, der weiß, was es heißt, am Boden zu liegen. Auferweckt werden kann nur ein Messias, der so mit den gekreuzigten Menschen verbunden ist, dass er selbst zu einem Gekreuzigten geworden ist. Nur an ihm kann deutlich werden, dass die Rettung aller, an der Auferweckung derer hängt, die in der Geschichte zu Opfern von Unrecht und Gewalt geworden sind. Ihnen zuerst und dann allen gilt die Botschaft von der Auferweckung.

 

„Er geht euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen.“ Diese Osterbotschaft wird auch uns gesagt, die wir heute Ostern feiern. Wir tun es im Blick auf die Krisen und Katastrophen, die Menschen heute zu erleiden haben. Die Zurückweisung der römischen Denare, die auch noch die Geschichte von der Auferweckung des Gekreuzigten prägt, erinnert uns daran, dass die Krisen unserer Welt nicht mit Geld gelöst werden können. Im Gegenteil, die Unterwerfung der Welt unter den irrationalen kapitalistischen Selbstzweck, Geld um seiner selbst zu vermehren, ist tödlich. Die Angst, vom Zugang zum Geld abgeschnitten zu werden und gesellschaftlich abzustürzen, verhärtet die Herzen und lässt die Beziehungen zwischen den Menschen bis zum Hass erkalten.

 

„Verhärtet eure Herzen nicht, hört auf die Stimme des Herrn!“ heißt angesichts der Osterbotschaft des Markus: Geht nach Galiläa. Da ist die Stimme des Herrn zu hören, Jesu Weg zu erkennen, er selbst zu sehen, wie er ist. Geht nach Galiläa, das heißt: Flieht nicht vor der Wirklichkeit der Katastrophen, sondern haltet ihnen Stand. Schottet euch nicht ab in einer kalten Gleichgültigkeit, die sich jeder Zeit in Hass und Gewalt entladen kann. Lasst Eure Herzen weich werden vom Leid derer, die an den Katastrophen zugrunde gehen. Wo Herzen weich werden, werden sie nicht schwach, sondern lebendig. Herzen aus Stein werden zu Herzen aus Fleisch, zu Herzen lebendiger Menschen.

 

Mit einem empfindsamen Herzen und mit einem nüchternen und wachsamen Verstand werden die Verhältnisse erkennbar, die Menschen töten und zugrunde gehen lassen. Auferstehung kann gelebt werden als Widerspruch gegen Verhältnisse, die töten und in der Suche nach Wegen sie zu überwinden. Dann können Schrecken und Entsetzen durchsetzt werden von der Freude an der widerborstigen und großen Hoffnung darauf, dass Gott gegen alle Mächte und Gewalten sein 'letztes Wort' sprechen wird. Das österliche 'Halleluja' preist Gott, der uns in der Auferweckung seines gekreuzigten Messias den Grund zu solch nüchterner und wachsamer Hoffnung gibt. Und weil in einem solchen Halleluja zugleich der Schrei des gekreuzigten Messias und aller Gekreuzigten laut wird, steckt darin immer auch die Rückfrage an Gott, wann er denn aufwache und aufstehe, um Wirklichkeit werden zu lassen, was sein Name verspricht. Mit den Worten des Psalmisten gesprochen: „Wach auf! Warum schläfst du, Herr? Steh auf … In deiner Huld befreie uns!“ (Ps 44,24ff)              

 

 

Fürbitten

 

Herr Jesus Christus, du gehst uns voraus an die Orte, an denen Menschen leiden und zugrunde gehen. Wir bitten dich:

 

für die Opfer des Kriegs in Syrien, für diejenigen, die ohne Nahrung und Medikamente sind, für alle die fliehen müssen, für des Kriegs um Rojava, für  alle, die zu Opfern des Zusammenbruchs der Lebensgrundlagen werden:

um Menschen, die angesichts der Katastrophen wach werden, um das Ende der Gewalt und um Überwindung der Verhältnisse, die sie hervorbringt, um Befreiung und Auferstehung

Christus, höre uns!

 

für alle, die in türkischen Gefängnissen misshandelt und gefoltert werden, für die verfolgten Kurden, für alle, deren Leben bedroht ist, weil sie den Mund aufmachen:

um Aufmerksamkeit und Protest, um politisch Verantwortliche, die ihr schweigendes Einverständnis brechen, um Befreiung und Auferstehung

Christus, höre uns!

 

für Arme in Deutschland, die sich mit Hartz IV bescheiden sollen, für Menschen, die ihre Wohnung nicht mehr bezahlen können, für Alte und Kranke, die Opfer der Zusammenbrüche in den Netzen sozialer Sicherheit sind:

um Gerechtigkeit und Solidarität, um Kritik der Verhältnisse, die Menschen, deren Arbeitskraft nicht mehr zu verwerten ist, an den Rand drängen und ausgrenzen, um Befreiung und Auferstehung

Christus, höre uns!

 

für Muslime in Deutschland, die Anschlägen und Morddrohungen ausgesetzt sind, für Flüchtlinge und Fremde, die auf Ablehnung und Hass stoßen, aber auch für diejenigen, deren Herzen hart und versteinert sind:

um Offenheit und Gastfreundschaft, um Empfindsamkeit für das Leid anderer, um menschliche Herzen und kritisches Nachdenken, um Befreiung und Auferstehung

Christus, höre uns!

 

für alle, die in dieser Nacht getauft werden:

um ein Leben in der Nachfolge des gekreuzigten Messias, um Wege der Befreiung und um Begegnung mit dem Auferstandenen

Christus, höre uns!     

 

für Papst Franziskus, der fünf Jahre im Amt ist, und für alle, die sich für eine Kirche einsetzen, die sich nicht um sich selbst dreht, deren Sorge vielmehr den Armen und den Opfern ungerechter Verhältnisse gilt, für alle ChristInnen und Christen, die Verhältnissen widersprechen, in denen Menschen der Vermehrung des Geldes geopfert werden:

um Kraft zur Solidarität mit denen, die auf der Strecke bleiben, um kritische Analyse und Mut zur Kritik, um Wege zur Überwindung einer Gesellschaft, deren Strukturen ausgrenzen und töten, um Befreiung und Auferstehung

Christus, höre uns!

 

Für alle, die ihr Leben im Einsatz für Gottes Reich und seine Gerechtigkeit lassen mussten und für alle unsere Toten:

um das Licht der Auferstehung, um einen Platz am Tisch des Reiches Gottes

Christus, höre uns!

 

Um all das bitten wir im Vertrauen auf die Macht deiner Auferstehung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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